1. Quartal 2023

Fast and Furious ...... so konnte man die Börsen im 1. Quartal beschreiben, wild und schnell, müssen wir uns nun anschnallen?

Im Zentrum der Diskussion steht nach wie vor der Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24.2.2022 und eine damit verbundene weltwirtschaftliche und politische Neuordnung.

Doch die Börsen scheinen das Thema auszublenden und konzentrieren sich auf die Fundamentaldaten, die aus der Wirtschaft kommen. Und diese konnten sich im 1. Quartal durchaus sehen lassen. Zahlreiche Unternehmen berichteten Rekordergebnisse, und auch die Summe der Dividenden, die im Frühjahr 2023 nur aus dem DAX zur Ausschüttung kommt, ist mit annähernd 55 Mrd. € rekordverdächtig.

Europa hat den nordamerikanischen Kontinent dabei klar abgehängt. Der DAX schloss das erste Quartal mit einem Plus von 12,25%, der EuroStoxx50 immerhin knapp besser mit plus 13%. Eher enttäuschend zeigten sich die nordamerikanischen Indizes. Der Dow Jones bewegte sich nur seitwärts und verlief mit + 0,38% schwach. Der breiter gefasste S&P500 schloss immerhin mit plus 7%, liegt damit aber auch deutlich hinter den europäischen Indizes. Sehr positiv performten die amerikanischen Technologiewerte, die in 2022 mit minus 33% überproportional verloren hatten. Mit einem Plus von ca. 17 % in den ersten drei Monaten haben diese Titel wieder aufgeholt und die Trendwende scheint in diesem Marktsegment damit eingeläutet zu sein.

Der Grund ist die abnehmende Dynamik der Zinserhöhungen, die sich positiv auf die stärker kreditfinanzierten Tech-Aktien auswirkte. Aber auch Anleihen profitierten von einem möglichen Ende des Zinserhöhungszyklus. Ihr Plus fiel mit 2% zwar etwas verhaltener aus, aber die Richtung der Entwicklung stimmt und sollte sich im weiteren Jahresverlauf verstetigen.

Was ist also aus den Rezessionsszenarien der Wirtschaftsforschungsinstitute geworden?

Die Energiekrise hat sich durch wieder stark zurückgegangene Preise entschärft, doch die Inflationsraten halten die Währungshüter in den USA und Europa weiter in Atem. Angeführt von explodierenden Lebensmittelpreisen hält sich die Preissteigerung auf hohem Niveau, und die Kerninflationsrate (ex Energie und Lebensmittel) erhöhte sich sogar leicht, als dass sie abnahm. Dies ist insbesondere auf steigende Löhne und Gehälter zurückzuführen, die sich mittlerweile niederschlagen. Es kommen also eher gemischte Signale von der Preisfront. Somit scheint ein weiterer Pfad von Zinserhöhungen wohl geboten.

Doch ziehen steigende Zinsen eben nicht nur positive Effekte nach sich. Am 17. März stand die Credit Suisse vor der Zahlungsunfähigkeit, so dass die Notenbank gemeinsam mit der Schweizer Aufsicht die Notbremse ziehen musste und eine Zwangsehe mit der UBS verordnete. Sieben Tag zuvor wurde die Finanzwelt durch die Insolvenz der amerikanischen Silicon Valley Bank als wichtiger Finanzierer der Start Up-Branche aufgeschreckt, in dessen Zuge auch weitere kleinere Regionalbanken in den USA ins Wanken gerieten.

Stehen wir also vor einer neuen Finanzkrise? Bisher haben sämtliche Institutionen schnell reagiert und Hilfen in unbegrenzter Höhe zugesichert, um ein Szenario wie in den Jahren 2008/2009 zu vermeiden. Entscheidend wird sein, das Vertrauen in die Banken zu stärken. Der Faktor Psychologie spielt auf Anlegerseite eine große Rolle. Eine Bankenkrise, wie von einigen propagiert, sehen wir jedoch nicht.

Was wir eher sehen, ist eine mögliche Kreditklemme, die sich besonders in den USA abzeichnen könnte. Eine gezwungenermaßen restriktivere Kreditpolitik der Regionalbanken könnte in der Tat zu Konsumzurückhaltung und damit einer abnehmenden Wirtschaftsleistung führen. Bei einem Anteil des privaten Konsums von 70% am BIP (Bruttoinlandsprodukt) hängt die Konjunktur in den USA besonders von dieser Größe ab.

Besondere Beachtung kommt aktuell auch der Immobilienbranche zu. Die stark gestiegenen Zinsen erschweren potenziellen Käufern den Erwerb, und die Baukosten sind nach den explodierenden Preisen noch nicht wieder zurückgekommen. Somit ist von beiden Seiten weitere Zurückhaltung zu erwarten, sowohl von den Bauherren als auch den Käufern. Eine Situation, die wir seit Jahrzehnten nicht hatten, kannten Immobilienpreise doch nur eine Richtung.

Es bleibt abzuwarten, ob die Kapitalmärkte ihre Stärke, die sie in diesem Jahr schon beeindruckend unter Beweis gestellt haben, in dieser Gemengelage beibehalten. Die fundamentalen Ergebnisse der Unternehmen bestärken die Börsen und die Anleger bisher.

Ein Schlüsselpunkt ist nach wie vor die China/ Taiwan-Frage. Wird es China tatsächlich wagen, in Taiwan einzumarschieren und das Land zu annektieren? Bisher halten die Fachleute die Wahrscheinlichkeit für überschaubar. Aber wer hatte damals den Einmarsch Putins in die Ukraine realistisch eingeschätzt? Sollte dieses Worst-Case-Szenario Wirklichkeit werden, stünden die Kapitalmärkte wieder vor einer Zerreißprobe. Wir bleiben allerdings optimistisch und halten zumindest in absehbarer Zeit ein solches Ereignis für eher unwahrscheinlich.

Mit unserem Portfoliomanagement haben wir im 1. Quartal erfreuliche Ergebnisse erzielen können. Dies ist auf unser aktives Management und Umschichtungen in den Depots zurückzuführen, darüber hinaus haben wir die teilweise hohen Liquiditätspolster deutlich reduziert und attraktive Neuinvestitionen sowohl bei Aktien als auch bei Anleihen getätigt. Die leichte Schwäche des amerikanischen Dollars im ersten Quartal hat uns etwas gebremst, nichtsdestotrotz halten wir an unseren Währungsengagements fest.

Auf der Aktienseite liegt der US-Schwerpunkt in den Depots ohnehin bei Technologiewerten, die wir weiter positiv einschätzen. Dieses Marktsegment wird aufgrund der Diskussion um Künstliche Intelligenz, ChatGPT etc. unserer Meinung nach weiter reüssieren.

Bei klassischen Value-Aktien konzentrieren wir uns weiterhin auf Europa, sehen wir doch eine mögliche Abschwächung der Wirtschaftsleistung eher in der klassischen amerikanischen Industrie.

Besonderes Kurspotential sehen wir auch bei Anleihen. Verzinsliche Titel mit einer Laufzeit bis zu vier Jahren bieten wieder Renditen von ca. 3,5%. Somit erfüllt diese Assetklasse auch wieder ihre Funktion als Sicherheitspolster in einer Gesamtvermögensstruktur.

Für das Gesamtjahr 2023 sind wir demnach optimistisch, die Bremsspuren des Jahres 2022 ausmerzen zu können, sollte es auf geopolitischer Seite keine bösen Überraschungen geben. Dem Risikocontrolling in den Depots kommt in diesen lebhaften Börsenzeiten eine immer stärkere Bedeutung zu. Umso wichtiger ist eine konsequente und disziplinierte Umsetzung unserer Portfoliostrategien.

Düsseldorf, im April 2023

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