3. Quartal 2021

Weltwirtschaft – in Fadenkreuz politischer Machtspiele

Der September wurde auch in diesem Jahr seinem Ruf als traditionell schlechter Börsenmonat gerecht. Während der deutsche Leitindex DAX Mitte August einen neuen Allzeitrekord knapp über der 16.000-Punkte Marke markierte, folgte die Korrektur im Laufe des September 2021 und bescherte Aktieninvestoren für das 3. Quartal ein leichtes Minus von 1,7% Punkten. Ähnlich war das Bild in Europa und an der amerikanischen Nasdaq mit einem minimalen Verlust von je 0,4%; einzig der marktbreite US-amerikanische S&P 500 schaffte ein kleines Plus von 10 Indexpunkten.

Trotz dieser Korrektur verzeichnen die wesentlichen, westlichen Aktienmärkte seit Jahresbeginn immer noch zweistellige Zuwachsraten (S&P 500: +14,7%; Eurostoxx50 +13,9% und DAX +11,2%). Ganz anders die Entwicklung in China: trotz vieler Kaufempfehlungen zahlreicher Banken verlor der chinesische CSI 300 Index zum 30.09.2021 gut 6,6 % an Wert.

Droht nach den - zumindest börsentechnisch - unbeschwerten Tagen des Sommers nun ein stürmischer Herbst? 

Die Unsicherheit an den Kapitalmärkten hat in den vergangenen Wochen zugenommen. Weltweit schießen die Inflationsraten nach oben und auch die Mangelwirtschaft im produzierenden Gewerbe hinterlässt so langsam Spuren. Das statistische Bundesamt vermeldete für den vergangenen Monat eine Inflationsrate von 4,1%. Ein Satz wie er zuletzt Anfang der 90er Jahre in Deutschland gemessen wurde. In den USA liegt die Inflation schon nördlich der 5 %-Marke. Das setzt die Notenbanken, die bisher eine Politik des ultralockeren Geldes verfolgen, erheblich unter Rechtfertigungsdruck. 

Während in den USA bereits erste Anzeichen für eine allmähliche Rückkehr zu einer weniger expansiven Geldpolitik zu erkennen sind, hält die europäische Zentralbank an dem Argument fest, dass die Inflationsrate in den kommenden Quartalen wieder deutlich zurückkommen wird. Ein merkliches Zurückfahren der umfangreichen Anleihekäufe der EZB, wie es von einer steigenden Zahl von Kritikern gefordert wird, steht noch nicht auf der Agenda. Vor diesem Hintergrund hat auch der Kurs des Euro gegenüber dem stärker werdenden US-Dollar weiter an Boden verloren.

Sicherlich lassen sich viele valide Argumente dafür ins Feld führen, dass die derzeit hohen Inflationsraten zu großen Teilen vorübergehend sind. Die Inflationszahlen vor einem Jahr waren aufgrund der Corona- Pandemie deutlich negativ verzerrt und gerade in Deutschland kommt die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer noch hinzu. Doch die Märkte beginnen an der Theorie der EZB zu zweifeln. Die Rohstoffpreise nahezu aller Sektoren befinden sich im Höhenflug. Lieferketten sind zunehmend angespannt und drohen zu kollabieren. 

Erste Versorgungsengpässe sind nicht nur im Brexit-geplagten England zu vermelden. Nicht nur hier droht ein „winter of discontent“, ein Winter der Unzufriedenheit. Die Energiepreise werden sich in den nächsten Monaten verteuern und auch die Lohnentwicklung am Arbeitsmarkt wird eine Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund signalisieren derzeit verschiedene konjunkturelle Indikatoren eine anziehende Unsicherheit auf Unternehmensebene. Es ist schon längst nicht mehr nur der Mangel an Chips, der die Automobilindustrie zu erneuten Werksschließungen zwingt. 

Wer mit einer Vielzahl von Unternehmen und Unternehmern im Gespräch ist, weiß um die Tatsache, dass die Weitergabe steigender Kosten oft nur begrenzt und auf jeden Fall nur zeitverzögert möglich ist. Das lässt in der näheren Zukunft die ein oder andere negative Ergebnisüberraschung in den Ausblicken der Unternehmen erwarten. 

Ein Grund für eine vorübergehende Korrektur manch allzu positiver Erwartung besteht also aus unserer Sicht durchaus. Mehr allerdings auch nicht, da wir weiterhin davon ausgehen, dass sich viele der aktuellen Probleme auf der Lieferantenebene in den nächsten Quartalen sukzessive auflösen sollten. Damit werden sich die Inflationsraten mit Blick auf das nächste Jahr wieder etwas normalisieren. 
Zur großen Unbekannten und damit zu einem Risikofaktor für die Kapitalmärkte wird mehr und mehr China.

Zwischen dem Wirtschaftsmodell Chinas und dem der freien westlichen Demokratien nehmen die Spannungen zu. Gerade für die sehr exportabhängige deutsche Industrie steht damit viel auf dem Spiel. Derzeit sind die Bemühungen Chinas sich zunehmend von westlichen Einflüssen und Normen zu emanzipieren überdeutlich. Weltweit tritt China unter dem Staatslenker Xi deutlich aggressiver auf als zuvor und versucht seinen gewachsenen wirtschaftlichen Einfluss auch in politischen und militärischen Druck umzusetzen. Dabei zieht die chinesische Staatsmacht auch die Zügel im Inneren an. Die aus Sicht der Parteiführung zu mächtig gewordenen Internet-Giganten wie Alibaba und Tencent haben die neue Linie schon schmerzhaft zu spüren bekommen. Ein Gutteil des chinesischen Wirtschaftswunders der vergangenen Jahrzehnte war insbesondere im boomenden Immobiliensektor auf Pump gebaut. Einer Reihe kleinerer und lokal begrenzter Probleme ist nun mit der Evergrande-Gruppe ein großer Player mit Schulden von über 300 Mrd. USD gefolgt. Die Zeichen, dass das Wachstum Chinas zusehends Risse bekommt, mehren sich und nicht nur wir sind gespannt, welches der zahlreichen Konglomerate Chinas als nächstes ins Schlingern gerät. Damit steigt auch das Risiko für die bisher oft von China angeschobene Weltkonjunktur.

Es wird also etwas holpriger und vielleicht auch temporär stürmischer in der Welt der Finanzen. Ein guter Grund für einen konstruktiv kritischen Blick auf die Strukturen in den Portfolien unserer Mandanten! 

Die Zeit der ewig sinkenden Zinsen und Renditen für festverzinsliche Anlagen ist sicher vorüber. Ein deutlich höheres Zinsniveau steht aufgrund der fragilen Lage der Staatsfinanzen weltweit aber sicher (noch) nicht auf der Agenda. An der Anlage in Aktien führt also unverändert kein Weg vorbei. Aber die Auswahl der zukunftsträchtigen Branchen und Einzelwerte wird in der vor uns liegenden Phase noch einmal an Bedeutung gewinnen. Und auch an den Rentenmärkten bietet diese Entwicklung neue Chancen, die es zu nutzen gilt.

Diese spannende Aufgabe nehmen wir mit Zuversicht an!


Düsseldorf, im Oktober 2021

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