4. Quartal 2020

2020 – ein Jahr wie kein Anderes

Wir haben nur selten ein Jahr mit so zahlreichen, börsenrelevanten Ereignissen erlebt, 2020 war ein Solches. Es war alles dabei: Höhenflüge an den Märkten, dann kam Corona und damit ein jäher Absturz der Börsen um 40%! Lockdown, Rezessionsängste, Ölpreisabsturz, Geldspritzen der Notenbanken in Billionenhöhen, Währungsturbulenzen, Stützungs-maßnahmen des Staates mit der Rettung privater Unternehmen, Arbeitsmarkthilfen (KUG), Steuersenkungen und teilweise Aussetzung des Insolvenzrechts. Obendrauf noch eine US-Präsidentschaftswahl, die bis heute die Gemüter bewegt, BREXIT und der wirtschaftliche Wettbewerb mit Asien, allen voran China.

All das füllt ansonsten die Wirtschaftsbücher einzelner Jahrzehnte, im abgelaufenen Kalenderjahr hatten wir all diese Themen auf einmal zu verarbeiten. Turbulenter kann man sich ein Börsenjahr kaum vorstellen, und trotzdem sind wir alle mit einem blauen Auge davon gekommen. Wer hätte das im Frühjahr gedacht?

Noch einmal kurz zum Mitschreiben: Ende Januar noch feierten die Börsen neue Rekordstände, doch am 23.1. kam die Ernüchterung: China meldete in der Provinz Wuhan die ersten Corona-Fälle. Das Virus erreichte wenig später Europa, im Schwerpunkt Italien und Spanien und es begann eine medizinische Tragödie, die wir in unseren entwickelten Volkswirtschaften seit fast einem Jahrhundert nicht mehr kannten. Der Ausbruch einer Pandemie, die unser aller Leben bis heute nachhaltig beeinträchtigt.

Am 24.2. – im Rheinland der Rosenmontag - reagierten dann auch die Börsen mit einer Vehemenz, bei der Tagesschwankungen von 10 – 15 % nicht ungewöhnlich waren. Zunächst gingen alle von einer kurzfristigen Reaktion aus, die nach einigen Wochen – wie bei dem Virus Sars2 - bald ausgestanden sein würde. Doch schon bald wurden wir alle eines Besseren belehrt. Die Aktienkurse fielen von ihren Höchstkursen um 40%........ein Debakel, das einem das Fürchten lehrte.

Die Auswirkungen des weitgehenden Lockdowns der Weltwirtschaft zeigten sich auch überdeutlich an den Rohstoff- und Rentenmärkten, die in teils schwere Turbulenzen gerieten. Die Politik und die Notenbanken reagierten schnell und in einem bisher nicht gekannten Umfang. Über eine Vielzahl von Rettungs- und Hilfsprogrammen versuchten die Regierungen weltweit die wirtschaftlichen Schäden der Pandemie abzufedern. Auf europäischer Ebene wurde ein gewaltiges Konjunkturpaket in Höhe von 750 Mrd. EUR auf den Weg gebracht. Das damit erstmals gemeinsame, europäische Schulden gemacht wurden, ist dabei aktuell nur eine Randnotiz.

Finanziert werden die gigantischen Hilfspakete durch rekordhohe neue Staatsschulden. Das ist nicht nur bei uns in Europa der Fall, sondern vor allem auch in den USA. Hier hat Corona besonders hart zugeschlagen, da sich Donald Trump sehr lange weigerte, das „chinesische Virus“ ausreichend ernst zu nehmen. Bei der Zahl der Virusopfer nehmen die USA global eine bedauerliche Spitzenposition ein. Aufgrund des sehr dünnen sozialen Netzes der USA sind die persönlichen, wirtschaftlichen Konsequenzen für die Menschen sehr viel dramatischer. Doch auch hier steuerten Regierung und Notenbank mit historisch dimensionierten Hilfspaketen gegen und verhinderten deutlich Schlimmeres.

Die sehr umfangreichen Stützungsmaßnahmen, deren Umfang nur noch in Billionen zu quantifizieren ist, verfehlten ihre Wirkung auf die Märkte nicht und so erholten sich die Börsen erstaunlich schnell. Schon im Spätsommer waren die Kursverluste an den Aktienmärkten nahezu aufgeholt. Doch selbstverständlich profitierten nicht alle Marktbereiche in gleichem Maße. 2020 war ein Jahr der extremen Branchenspreizung. Einmal mehr kam es auf die aktive Auswahl der Investments an.

Die aktuelle Pandemie hat unser aller Leben ein Stück weit verändert und es wird deutlich, dass viele Entwicklungen durch die Pandemie einen regelrechten Schub bekommen haben. Denken Sie zum Beispiel an unser Einkaufsverhalten über Online-Kanäle oder das Thema Geschäftsreisen versus Videokonferenzen. Entscheidend war und ist also die Stabilität und die Zukunftsfähigkeit der Geschäftsmodelle von Unternehmen, in die investiert wird.

Nicht nur die Börse erholte sich überraschend schnell – auch die Wirtschaft konnte nach dem dramatischen Einbruch im Frühjahr rasch wieder Fahrt aufnehmen. Hier halfen neben den erwähnten Stützungsmaßnahmen vor allem der Export unserer Industrie in Richtung China, das mit drastischen Einschränkungen für die Bürger die Pandemie erstaunlich schnell überwinden konnte. Doch machen wir uns nichts vor: Weite Teile unserer Wirtschaft leiden nach wie vor unter den Folgen von Corona. Es wird dauern, bis die Wirtschaftsleistung und die Gewinne das Vor-Corona-Niveau wieder erreichen werden.

Die Börsen handeln aber bekanntlich die Zukunft und die sieht aktuell deutlich besser aus. In Rekordzeit wurde ein Impfstoff gegen COVID 19 entwickelt und die Impfkampagnen begannen weltweit. Schönes Detail ist hierbei, das mit der Mainzer Firma BIONTECH ein deutsches Pharmaunternehmen ganz vorn dabei ist. Positiv für die Märkte ist auch der Regierungswechsel in den USA, wo mit der Ablösung von Donald Trump wieder etwas mehr Verlässlichkeit und Kalkulierbarkeit in der Weltpolitik zu erwarten ist. Und nicht zuletzt gibt es nach schier endlosen Verhandlungsrunden einen zumindest halbwegs geordneten BREXIT.

Die Börsen beendeten das denkwürdige Jahr 2020 also mehr oder weniger in Partylaune und die Bilanz des Börsenjahres ist unerwartet beeindruckend: der DAX Performanceindex weist im Jahresvergleich ein Plus von 3,55 % auf und die US-Indizes warten unisono mit neuen Rekordnotierungen auf. Allerdings ist die Rally an den US-Märkten mit einem bitteren Wermutstropfen versehen. Der US-Dollar zeigte gegenüber dem EURO in 2020 eine deutliche Schwäche und absorbierte die Kursgewinne über die Währungsseite um fast 10%. Damit relativiert sich die Börseneuphorie jenseits des Atlantiks für den europäischen Anleger deutlich. Der europäische Kursindex Eurostoxx50 notiert per Jahresende mit einem Minus von 5,14 % deutlich unter dem Schlusskurs von 2019.

Um diese fulminante Börsenrally ab Mai 2020 in den Depots auch abzubilden, wäre allerdings ein Portfoliomanagement mit vollem Risiko notwendig gewesen. Konkret heißt das Vollinvestment mit Übergewichtung der Aktienquote. In Anbetracht des extrem unsicheren Marktumfeldes haben wir - wie viele andere Marktakteure auch – im Jahresverlauf eine zum Teil deutlich vorsichtigere Positionierung bevorzugt und insbesondere höhere Liquiditäts-quoten gefahren.

Ein schwerer Schlag für den deutschen Aktienmarkt – und insbesondere uns Investoren – war darüber hinaus die Betrugsaffäre beim Münchener Zahlungsdienstleister Wirecard. Der ungeheuerliche Skandal pulverisierte einen Milliardenbörsenwert, der per Jahresende nur schwer aufzuholen war. Ein schwacher Trost für alle Beteiligten ist in dem Zusammenhang, dass sämtliche Aufsichtsorgane versagt haben.

Rund um den Globus blicken Börsianer nun mit Zuversicht auf das vor uns liegende Jahr 2021. Die Notenbanken werden an ihrer ultra-expansiven Geldpolitik festhalten und die wachsen-den Schuldenberge auch weiterhin finanzieren. Ein höheres Zinsniveau erscheint auf Jahre hinaus schlicht nicht möglich und die Fiskalpolitik wird weiter unterstützend wirken. Erst jüngst haben die USA ein Hilfsprogramm in Höhe von 900 Mrd. US-Dollar aufgelegt. Nach dem erneut herausfordernden Winter im weitest gehenden Lockdown wird die Gesellschaft und die Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf auch Dank der Impfung immer größerer Teile der Bevölkerung peu a peu zur Normalität zurückkehren. Dementsprechend deutlich dürfte die Erholung der Konjunktur und die Gewinnsituation der Unternehmen ausfallen.

Dieser Zuversicht wollen wir uns grundsätzlich auch gern anschließen. Unter der Prämisse, dass die laufende Impfkampagne global deutlich an Fahrt gewinnt und nennenswerte Rückschläge ausbleiben, erwarten auch wir eine durchgreifende Erholung der Konjunktur. Diese wird neben dem psychologischen Erleichterungseffekt sicher auch von der unfreiwillig aufgestauten Nachfrage der Konsumenten getrieben werden, die in den vergangenen Monaten schlicht kaum Gelegenheit hatten zu konsumieren oder zu reisen. Die Sparquote der privaten Haushalte dies und jenseits des Atlantiks ist derzeit rekordverdächtig hoch. Klassische zyklische Sektoren, die gerade in Deutschland reichlich vertreten sind, dürften aus unserer Sicht zu den Gewinnern einer Normalisierung in 2021 zählen.

Der aktuelle Optimismus der Börse, der sich in den historisch hohen Kursen und Bewertungen vieler Marktsegmente wiederspiegelt, hat also durchaus seine Berechtigung. Einmal mehr bestätigt sich die alte Weisheit „Geld regiert die Welt“. Und noch nie wurde so viel davon in Umlauf gebracht wie derzeit.

Dennoch steht fest, dass nicht alles wieder so sein wird wie vor der Pandemie: Die Digitalisierung hat in weiten Teilen der Wirtschaft und des Handels eine deutliche und nachhaltige Dynamik erfahren. Viele Einzelhändler in unseren Innenstädten, viele Reiseanbieter und Gaststätten werden der noch anstehenden Insolvenzwelle zum Opfer fallen. Online-Anbieter wie Amazon und Co profitieren dagegen weiter nachhaltig von dieser Entwicklung.

Profitieren werden auch die Unternehmen, die sich für die angestrebte Energiewende gut positioniert haben. Ein Großteil des europäischen Konjunkturprogramms wird in erneuerbare Energietechnologie und die Digitalisierung investiert und bietet attraktive Renditechancen für Investoren.

Einmal mehr erscheint uns vor diesem Hintergrund eine differenzierte Beurteilung der verschiedenen Branchen und auch Einzeltitel wichtig, da in der Betrachtung des gesamten Marktes auf Indexebene schon sehr viel Positives eingepreist ist. Die Aktienmärkte haben die vielbeschworene V-förmige Erholung bereits vollzogen und in der Gesamtbetrachtung ein ambitioniertes Bewertungsniveau erreicht. Aufgrund der durch das Nullzinsumfeld bedingten zunehmenden Alternativlosigkeit der Aktienanlage erscheint ein allgemein höheres Bewertungsniveau aus unserer Sicht angemessen.

Wie viel Luft nach oben für den Gesamtmarkt noch besteht, lässt sich derzeit aufgrund der zahlreichen Unwägbarkeiten nicht seriös quantifizieren. Wir sind aber für ausgewählte Marktsegmente sehr zuversichtlich.

Dennoch treiben uns auch einige, ernste Sorgen um. Der Pfad der wirtschaftlichen Erholung wird aller Erfahrung nach sicher nicht gradlinig verlaufen und birgt das Potential für zwischenzeitliche Verwerfungen. Die enorme Verschuldung von Staaten und Unternehmen wird mittelfristig ernsthafte Fragen in Bezug auf die Stabilität des Finanzsystems aufwerfen. Schon jetzt beginnt im Lichte des heranziehenden Bundestagswahlkampfs in Deutschland die Diskussion über eine sozial gerechte Lastenverteilung. Und das, obwohl Deutschland im Vergleich zu fast allen Volkswirtschaften - trotz Rekordverschuldung - über noch relativ gesunde Finanzen verfügt.

Die Diskussion über die Tragfähigkeit von immens hohen Schulden hat längst begonnen. Da kommt einigen die „moderne Geldmarkttheorie (MMT)“ wie gerufen, nach der Staatsschulden theoretisch unbegrenzt möglich erscheinen, solange Notenbanken diese finanzieren und kein inflationärer Druck entsteht. Nicht nur wir scheinen unsere Zweifel am langfristigen Bestand dieser Ansätze zu haben, denn die verstärkte Hinwendung der Investoren zu Alternativen wie Sachanlagen, Gold und Kryptowährungen wie Bitcoin spricht hier Bände.

Auch die technologische Transformation hat derzeit zahlreiche Spekulationsblasen hervorgebracht. Vielleicht werden wir alle in wenigen Jahren ausschließlich Elektrofahrzeuge bewegen, aber die aktuelle Bewertung von Firmen wie Tesla wirkt zumindest mutig. So liegt die Börsenbewertung pro verkauftem Fahrzeug von Tesla derzeit bei über einer Million US-Dollar (zum Vergleich: VW 10.000 USD).

Wir wissen nicht, wieweit die aktuelle Euphorie die Märkte tragen wird, aber Sorge bereitet uns die zum Jahreswechsel aufscheinende Sorglosigkeit vieler Investoren. Der Optimismus ist aktuell groß und das Volumen der Wertpapierkredite in den USA derzeit leider auch. Doch das Problem mit spekulativen Blasen ist, das auch wir nicht wissen, wie weit sie gehen und vor allem wann sie platzen.

Aber abseits der spekulativen Exzesse gilt für uns: Die wirtschaftliche Erholung wird in 2021 an Fahrt aufnehmen und bietet in vielen Marktsegmenten attraktive Anlagemöglichkeiten. In der Breite des Marktes dürfte sich die Ertragssituation der Unternehmen nachhaltig verbessern und auch die Dividendenfähigkeit vieler Aktiengesellschaften sollte sich deutlich erholen.

Einem wiederholt herausfordernden Marktumfeld sehen wir uns bei Anleihen ausgesetzt. Die Notenbankzinsen dürften unverändert niedrig bleiben und die Zentralbanken werden ihre Anleihekaufprogramme fortsetzen. Vor diesem Hintergrund sind die Ertragserwartungen im Rentenmarkt begrenzt. Dennoch erwarten wir insbesondere im Segment der Unternehmens-anleihen einige attraktive Investitionsgelegenheiten.

Aufgrund regulatorischer Hürden ist die überwiegende Mehrzahl der interessanten Anleihen aber wegen der Mindeststückelung von 100.000 EUR für die meisten Anleger schlicht nicht mehr erwerbbar. Um Ihnen dennoch den Zugang zu diesem Markt zu erhalten oder auch neu zu öffnen, werden wir zum 1. Februar 2021 eine eigene Fondslösung unter dem Namen Premium Bonds Select offerieren.

In der Summe gehen wir mit Optimismus, aber selbstverständlich nicht völlig sorgenfrei in das Börsenjahr 2021. Einmal mehr gilt es aus unserer Sicht den Blick nicht blind in Richtung einzelner Indizes zu lenken, sondern vielmehr auf Zukunftsthemen zu richten. Wir werden weiterhin aktiv die Chancen der wirtschaftlichen Erholung nutzen, ohne die Risiken auf dem Weg auszublenden.

Düsseldorf, im Januar 2021

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