3. Quartal 2024

Eine komplizierte Beziehung!

Was ist los mit der Realwirtschaft und den Börsen? Sie mögen so gar nicht im Einklang marschieren, aktuell scheint dies ein schier unüberwindbares Dilemma zu sein…………. ganz so wie bei einer Paartherapie: man sucht Antworten auf viele dringliche Fragen, die wir im Folgenden angehen wollen.

Zur Ausgangslage: die deutsche Wirtschaft arbeitet im internationalen Vergleich unter schwerwiegenden Wettbewerbsbedingungen. Statt des grünen Wirtschaftswunders erlebt die Industrie eine tiefgreifende Krise. Insbesondere die Autoindustrie, eine der deutschen Schlüsselbranchen, steht vor immensen Herausforderungen und zum ersten Mal diskutiert Volkswagen Werksschließungen und Massenentlassungen. Doch auch in vielen anderen Sektoren sieht es aktuell nicht besser aus. Hohe Lohn- und Energiekosten, marode Infrastruktur, Steuerlasten und nicht zuletzt die horrende Bürokratie lassen viele Unternehmer sehr kritisch auf den Standort Deutschland blicken. Nahezu täglich beherrschen negative Konjunkturmeldungen die Schlagzeilen. Darüber hinaus belasten die noch immer ungelösten Konfliktherde in der Ukraine und in Nahost das Weltgeschehen.

Ein gänzliches anderes Bild zeigen die Börsen: der deutsche Leitindex DAX verzeichnete vor wenigen Tagen ein neues Allzeithoch und die Wertentwicklung der meisten Indizes bietet allen Grund zur Freude. So legte der DAX im 3. Quartal um weitere knapp 6% auf plus 15,4% im Jahresverlauf zu. Mit einem Plus von 13,9% liegt der europäische Eurostoxx50 nur knapp dahinter. Wieder besser lief es in den USA, wo der marktbreite S&P 500 im Jahresverlauf eine Performance von 22,1% erreichte und auch die Technologiemärkte wieder zu alter Stärke fanden und um knapp 20 % (Nasdaq100) zulegten.

Eine weitere markante Aufwertung konnte das „Krisenmetall“ Gold für sich verbuchen. Mit einem Preis von 2.635 USD je Feinunze verteuerte sich das Edelmetall im Laufe des Jahres um 27,7%. Hier spiegeln sich aus unserer Sicht nicht nur die erwähnten zahlreichen Krisen, sondern auch die zunehmende Nachfrage vieler Notenbanken wider, die aus politischen Gründen ihre Währungsreserven nicht mehr vorzugsweise in Währungen wie dem US-Dollar, Euro und britischem Pfund investieren.

Geopolitische Krisenherde, Deutschlands Wirtschaft in der Rezession und dennoch deutlich steigende Aktienmärkte – nicht wenige fragen sich also, ob sich die Kapitalmärkte von der Realwirtschaft komplett abgekoppelt haben.

Ein Schlüssel zur Beantwortung dieser Frage ist sicher die Entwicklung der Zinsen. Deutlich rückläufige Inflationsraten dies- und jenseits des Atlantiks versetzten die Notenbanken in die Lage, ihre Leitzinsen wieder deutlich zurückzunehmen. Nachdem die europäische Zentralbank ihren Leitzins in zwei Schritten um je 25 Basispunkte gesenkt hat, zog die US-amerikanische FED mit einer Zinssenkung um 50 Basispunkte im September nun endlich nach. Die jüngsten Inflations- und Arbeitsmarktdaten lassen weitere Zinssenkungen noch in diesem Jahr erwarten.

In dem Zuge korrigierte die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihen zum Ende des Berichtsquartals auf 2,12%, notiert aber immer noch leicht über dem Stand vom Jahresanfang. Der marktbreite europäische Rentenindex (IboxxEuroOverall) konnte dementsprechend im 3. Quartal deutlich zulegen und verbucht im Jahresverlauf einen Gewinn von 2,43%.

Unser Mischfonds Eichler & Mehlert Balanced Strategie konnte weiter von dem freundlichen Börsenumfeld profitieren und im Jahresverlauf um 9,02% nach Kosten zulegen. Und auch unser europäischer Rentenfonds Premium Bonds Select schnitt mit einem Zugewinn von 3,15% nach Kosten besser ab als der Gesamtmarkt.

Die begründete Aussicht auf weitere Leitzinssenkungen der Notenbanken stützt im Schwerpunkt die Bewertung der Aktienbörsen. Darüber hinaus ist es wichtig, sich nicht zu sehr auf die binnenwirtschaftliche deutsche Wirtschaftsperspektive zu beschränken. In vielen Teilen der Welt und auch Europas läuft die konjunkturelle Entwicklung deutlich besser. Die führenden deutschen Unternehmen erwirtschaften einen Großteil ihrer Umsätze weltweit und sind oft nur zum begrenzten Teil von deutschen Standortbedingungen abhängig. Insbesondere in den USA zeigt sich die Wirtschaft trotz der Belastungen durch das derzeit noch recht hohe Zinsniveau sehr robust und wird seiner Rolle als Weltwirtschaftsmacht und -zentrum absolut gerecht.

Mit einem sehr umfangreichen Konjunkturprogramm und kräftigen Zinssenkungen stemmt sich die Führung Chinas gegen die langanhaltende Wirtschaftsflaute und den immensen Problemen der Immobilienbranche. Diese Maßnahmen verhalfen den bis dato schwächelnden Börsen Chinas in den letzten Tagen zu einer fulminanten Kursrallye.

An den Börsen der Welt wird aber vor allem die Zukunft gehandelt, und die bietet trotz aller derzeit skeptischen Untertöne positive Perspektiven. Kostentreibende Überkapazitäten in der Produktion werden auf Unternehmensseiten derzeit beherzt angegangen. Werksschließungen oder Verlagerungen der Produktionsstätten sowie ein signifikanter Abbau der Mitarbeiter sollen die Kostenseite entlasten. So schmerzlich diese Schritte im Einzelfall auch sind, legen sie doch den Grundstein für die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft und damit auch der Bewertungen an den Börsen.

Selbstverständlich gibt es auch weiterhin Belastungsfaktoren, die im Blick zu halten sind. Politisch, aber auch wirtschaftlich zeichnet sich eine zunehmende Blockbildung zwischen den freien, westlichen Volkswirtschaften und den totalitär regierten Ländern unter chinesischer Führung ab. Eine solche Ost-West-Blockbildung hielten wir viele Jahrzehnte für überwunden. Ausgelöst durch den Ukrainekrieg scheint dieses Szenario aber lebendiger denn je.

Diese behindert den freien Handel und wirkt tendenziell inflationär. Ob ein gegenseitiges Überbieten mit Strafzöllen ein kluger Lösungsansatz ist, darf berechtigterweise hinterfragt werden. Und nicht zuletzt die zum Teil dramatisch hohe Verschuldungssituation zu vieler Staaten muss gelöst werden. Solange eine Volkswirtschaft ein nennenswertes Wirtschaftswachstum aufweist, mögen Schulden in inflationären Zeiten und unter Wachstumsgesichtspunkten in Ordnung sein. Sehen wir uns allerdings einer dauerhaft rezessiven Konjunktur gegenüber, kann die Schuldenlast zusätzliches Problempotenzial bieten.

Wie haben wir in den vergangenen Monaten nun im Portfoliomanagement agiert?

Nachdem wir bereits im ersten Halbjahr die konservative Seite der Depots mit attraktiven Euro- und Währungsanleihen bestückt hatten und so die erwarteten Zinssenkungen antizipierten, waren wir ab dem 1. Juli aktiver auf der Aktienseite unterwegs. Hier haben wir nach eingehender Analyse ausgewählte Einzeltitel aus Europa aufgenommen, die über ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell mit internationaler Ausrichtung und insbesondere über eine gesunde Finanzierungsstruktur verfügen. Dabei spielten im Kern Werte aus klassischen Branchen wie Energie und Industriekomponenten wie Maschinenbau eine Rolle. Ein wesentliches Entscheidungskriterium bei der Selektion ist immer mehr auch der Digitalisierungsgrad der Unternehmen.

Das Comeback der Technologietitel lud auch uns dazu ein, hier wieder etwas aktiver zu werden. Mit diesem Schritt bewegen wir uns automatisch verstärkt im US-amerikanischen Aktienmarkt, aber auch ausgesuchte europäische Nischenanbieter fanden Eingang in unsere Portfolien. Damit haben wir gleichzeitig die Währungsquote im US-Dollar leicht erhöht.

Bei den Euro-Anleihen liegen wir aktuell bei einer durchschnittlichen Restlaufzeit von etwa 4,5 Jahren und einer durchschnittlichen Rendite von knapp 3,5%. Bei den US-Anleihen erzielen wir bei einer durchschnittlichen Restlaufzeit von 3,5 Jahren eine Rendite von knapp 5%.

Dem vierten und letzten Quartal des laufenden Börsenjahres sehen wir grundsätzlich recht optimistisch entgegen. Getragen von weiteren Zinssenkungsfantasien und einer stets kursbeeinflussenden US-Präsidentschaftswahl sollte zum Jahresende die Rückeroberung der neuen Allzeithochs aus September möglich sein. Von einer Zielmarke mit 20.000-Punkten im DAX mag man kaum sprechen. Aber derzeit scheint nichts unmöglich.

Es kann und wird in den nächsten Wochen an den Börsen sicher etwas volatiler zugehen. Wir bringen aber dennoch die notwendige Portion Mut und Geduld mit und sehen die Chance auf langfristige Erträge gerade auch in konjunktursensiblen Branchen. Denn schon der legendäre Investor Warren Buffet führte aus: „Der Aktienmarkt ist ein Instrument, um Geld von den Ungeduldigen an die Geduldigen zu transferieren“.

Düsseldorf, im Oktober 2024

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