2. Quartal 2021

Inflation - zum Ersten, zum Zweiten….und zum Dritten??

Die freundliche Stimmung an den Kapitalmärkten hielt auch im 2. Quartal 2021 an. Nach dem ausgesprochen guten Auftaktquartal konnten die Aktienmärkte ihre Kursgewinne weiter ausbauen und neue Rekordstände markieren.

Zum 30.06.2021 verzeichnete der deutsche Leitindex DAX eine positive Entwicklung von +13,2 %, der europäische Eurostoxx 50 kam auf einen Zuwachs von +14,4% und auch der amerikanische S&P 500 Index markierte mit +14,4% ebenfalls einen neuen Rekord. Etwas weniger dynamisch entwickelte sich zunächst der technologielastige Nasdaq, der dann aber doch noch um +12,5% zulegte. Deutlich zurück blieben wichtige asiatische Märkte. Während der japanische Nikkei ein Plus von gut 4 % erzielte, wies der chinesische CSI 300 Index nur ein mageres Plus von +0,4 % aus.

Ein anderes Bild bot der Rentenmarkt, der seit Februar 2021 mit der Erwartung steigender Zinsen zu kämpfen hat. Die Kurse klassischer Staatsanleihen kamen verhältnismäßig stark unter Druck und bescherten Anlegern, die in 10-jährigen Bundesanleihen investiert sind, einen Kursverlust von rund 3 %. Da machte sich unser überwiegendes Engagement in Unternehmensanleihen bezahlt, die eine höhere Korrelation zu den Aktienmärkten aufweisen. So wies der europäische Index für Unternehmensanleihen lediglich ein moderates Minus von 0,48% auf.

Mit diesen neuen Rekorden am Aktienmarkt wurde selbst die Mehrzahl der positiven Marktprognosen vieler Analysten vom Jahresanfang übertroffen und so überrascht es wenig, dass die Kursziele immer weiter nach oben angepasst werden. Unterstützung erfährt der Markt von der „Wiedereröffnung“ vieler Wirtschaftsbereiche nach der langen Zeit der „Lock-Downs“. Endlich kann wieder gereist werden und Restaurantbesuche sind nahezu uneingeschränkt möglich. Auch der arg gebeutelte Einzelhandel sieht wieder etwas Licht am Ende eines sehr langen Tunnels. Damit gewinnt der bisher nur von der exportorientierten Industrie getragene Aufschwung über den wieder anspringenden privaten Konsum deutlich an Breite. Das war durch den Fortschritt der Impfkampagnen und der saisonal rückläufigen Inzidenzzahlen auch in etwa zu erwarten. Der Aufschwung verläuft derzeit scheinbar nahezu lehrbuchartig: mit dem Wiederhochfahren der wirtschaftlichen Aktivitäten und dem Abbau der aufgestauten Nachfrage der privaten Konsumenten ist ein deutliches Wirtschaftswachstum in diesem und im nächsten Jahr durchaus wahrscheinlich.
Die Diskussion an den Kapitalmärkten wird allerdings von steigenden Inflationsängsten flankiert. Denn in vielen Bereichen werden mittlerweile die Waren knapp: Rohstoffpreise von Öl über Stahl bis hin zu Bauholz weisen extreme Preisaufschläge auf. Transportkapazitäten vor allem in der Schifffahrt fehlen, Schiffe stauen sich in den Häfen und viele Lieferketten unserer „Just-in-time“-Produktion reißen ab. Schon wird vereinzelt wieder auf Kurzarbeit gesetzt. Den Automobilkonzernen gehen die Mikrochips in der Produktion aus und auch in anderen Schlüsselindustrien fehlen Einzelteile. Die (logische) Folge: steigende Preise und nervöse Chef-Volkswirte!?

Aber ist dies aus wirtschaftlicher Sicht wirklich alles so negativ zu beurteilen? Zunächst bedeutet eine merkliche Konjunkturerholung doch eine positive Wirtschaftsentwicklung mit stabilen Arbeitsmärkten. Und sollten die Notenbanken – sei es in den USA, oder auch Europa – ihrer expansiven Geldpolitik entsagen und tatsächlich früher als bislang erwartet mit Zinserhöhungen reagieren – dann wird dies doch zunächst in übersichtlichen Trippelschritten geschehen. Und es gibt ja auch noch eine andere Seite der Medaille. Schimpfen wir nicht seit Jahren über die volkswirtschaftlich dramatischen Folgen der Niedrigzinspolitik mit verheerenden Auswirkungen auch auf die private Altersvorsorge? Und auch der Banksektor könnte sukzessive das Thema Strafzinsen begraben.
Man sollte also nicht zu kurz denken (und damit ausschließlich die Schwankungen an den Aktienmärkten im Blick haben), sondern doch bitte die gesamtwirtschaftlichen Komponenten steigender Zinsen und eine damit einhergehende stabile Konjunkturentwicklung im Auge behalten. Volkswirt-schaftlich wäre es eine Wohltat, endlich wieder zu höheren Zinsen zurück-zukehren.
Der Aufschwung könnte an den Märkten also in den nächsten Monaten etwas holpriger werden, aber wird er gänzlich abreißen? Selbstverständlich haben die aktuellen Probleme in vielen Lieferketten eher vorübergehenden Charakter. Vieles wird sich nach dem Pandemieschock wieder einpendeln und normalisieren. Und auch die gestiegenen Rohstoffpreise werden die Inflationsrate aufgrund von Basiseffekten nur vorübergehend ansteigen lassen. Daher argumentieren die Notenbanker der EZB und der amerikanischen FED zurecht mit einem vorübergehenden Überschießen ihrer Inflationsziele. Sicherheitshalber hat die FED ihr Inflationsziel allerdings schon einmal ein wenig flexibler formuliert.

Aber es gibt durchaus genügend Argumente, die eine anziehende Inflation auch längerfristig erwarten lassen. Denn der desinflationäre Impuls durch eine immer weiter fortschreitende Globalisierung der Weltwirtschaft wird durch die Tendenz, kritische Zulieferprodukte in die nähere Einflusssphäre zurückzuholen mehr und mehr auslaufen. Die zunehmenden Spannungen mit einem immer aggressiver auftretenden China unterstützen diese Entwicklung genauso wie die Handelshemmnisse, die zum Beispiel ein Lieferkettengesetz impliziert. Große Bedeutung werden darüber hinaus die nachhaltig höheren Energiepreise haben, die für die veränderte Klimapolitik unverzichtbar sein werden.

Dieses veränderte Umfeld wird die Notenbanken in der Zukunft unter Druck setzen, da die konjunkturelle und inflationsseitige Begründung für eine historisch einmalig expansive Geldpolitik immer brüchiger werden lässt. Noch halten die wichtigen Notenbanken hieran fest. Doch zumindest in Amerika hat die Diskussion über ein „Herunterfahren“ der Anleihekäufe auch innerhalb der Notenbank längst begonnen. Sollte eine Normalisierung der Notenbankpolitik in greifbarere Nähe rücken, muss aus unserer Sicht mit volatileren Phasen an den Börsen gerechnet werden. Viele hochspekulative Segmente des Marktes, die in der jüngeren Zeit exzessive Tendenzen aufwiesen, werden dabei sicher deutliche Bewertungskorrekturen hinnehmen müssen. Eine Entwicklung, die wir aber als durchaus „gesund“ beschreiben würden.

In unserer Vermögensverwaltung haben wir in den vergangenen Wochen begonnen, die beschriebenen Einflussfaktoren in den Depots abzubilden. Auf der Rentenseite habe wir zum einen inflationsinduzierte Titel in unser Anlagespektrum aufgenommen, zum anderen aber auch die durchschnittlichen Restlaufzeiten der Anleihen reduziert. Auf der Aktienseite haben wir den Technologiesektor – wenn entsprechend vorhanden – abgebaut und die bereits im ersten Quartal begonnene Sektorrotation an den Börsen auch in der Asset Allokation umgesetzt. Dabei half uns die – wenn auch späte – Erholung der Nasdaq zum Quartalsende, gepaart mit einem wieder deutlich erholten US-Dollar. In diesem Bereich haben wir ausgesuchte Einzelpositionen abgebaut oder zumindest reduziert. Als Profiteure steigender Inflationsraten und damit anziehender Zinsen haben wir insbesondere amerikanische Banken identifiziert, da wir davon ausgehen, dass die amerikanische FED früher als die EZB die Zinswende einleitet. Vor diesem Hintergrund haben wir diesen Sektor in unser Anlagespektrum aufgenommen.

In der westlichen Hemisphäre ist der Impffortschritt gegen Corona weit vorangekommen – doch Risiken wie aktuell in England und Portugal bleiben. Entscheidend wird sein, ob und inwieweit die sehr üppige Liquiditätsversorgung der Notenbanken in Anbetracht der sich verbessernden konjunkturellen Lage und der Inflationsentwicklung bestehen bleibt. Aber auch darauf sind wir vorbereitet und werden günstige Kaufgelegenheiten sowohl bei Aktien, als auch bei Anleihen nutzen, so sich diese bieten.

Düsseldorf, im Juli 2021

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